Am 1. April 1979 habe ich einen tollen Job in der Staatspension Moabit bekommen. Es war ein angenehmes Arbeiten dort. Mit den Gefangenen bin ich immer gut ausgekommen. Nur einmal hat einer randaliert. Zwei Mal in der Woche kam ein Radiologe, der die Bilder begutachtet hat und verschiedene Untersuchungen durchführte. Ansonsten hatte ich meine Ruhe. Die etwas hysterischen Frauen musste ich mir vom Leib halten. Ich bin gerne im Gefängnis arbeiten gegangen. Klar, es war ein reiner Männer-Vollzug.
Das gute und entspannte Arbeitsklima änderte sich 1991 als die Röntgenverordnung geändert wurde. Plötzlich war die Anstalt der Meinung, dass wir einen eigenen Radiologen brauchen. Und so kamen wir zu einem Prachtexemplar an Chef. Gleich am ersten Tag sagte er: Ich habe draußen fähiges Personal, euch brauche ich alle nicht.
Auch bei unseren Mitbürgern mit zeitweise besonders festem Wohnsitz machte er sich nur “Freunde”. Er hatte überhaupt keine Ahnung von den etwas anderen Verhältnissen. Es gab ja viele Gefangene die mich schon 10 oder 15 Jahre kannten und die waren überwiegend der Meinung, dass sein Verhalten nicht angemessen war. Er pöbelte die Gefangenen teilweise richtig an. Na, damit ist er auf die Richtigen getroffen. Gerade die Langstrafer haben oft für mich Partei ergriffen. Ich fand das toll und es hat mir gezeigt, dass ich mit den besonderen Leuten gut umgegangen bin. Ehrlich gesagt: Auch heute noch ist es mir egal ob jemand mal drin war oder nicht. Nachts nach der Hunderunde sitze ich oft mit den Obdachlosen auf der Bank und trinke einen. Nach den Ausdrücken zu urteilen waren da auch schon welche drin. Wenn man schon von weitem mit “Hallo Meister” angrufen wird, dann war der auf alle Fälle drin, denn der Ausdruck “Meister” ist da üblich für die Bediensteten.
Das Ziel uns alle loszuwerden hat er konsequent verfolgt. Er hat sich auch gar keine Mühe gegeben das Anstaltsleben kennen zu lernen. Da bei uns kein Gefangener alleine durch die Anstalt latschen konnte (mangels Schlüssel!),musste immer ein Vollzugsbeamter mitgehen. Das heißt nach 14 Uhr gab es nur Vorführungen im absoluten Notfall. Der blöde Alex war dann Schuld und wurde angebrüllt und für Unfähig erklärt, wenn es keine Vorführung nach 14 Uhr gab. Natürlich durften die Kalfaktoren relativ frei herum laufen, die hatten aber eine Karte dabei mit den Bereichen zu denen sie durchgeschlossen werden durften. Wenn ich mal was an der Pforte abholen musste, brauchte ich zum Beispiel einen Kalfaktor mit Außenarbeitserlaubnis.
Nun hatte sich dieser “Chef” gedacht: 3 Abmahnungen und er sei mich los. Aber im öffentlichen Dienst gibt es das nicht, wenn man über 15 Jahre beschäftigt war. Ich war über 15 Jahre dort und praktisch unkündbar.
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